Herausgeber der Zertifizierung

Herausgebende Stelle des Zertifizierungssystems für Hämophilie-Zentren ist die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e.V. (GTH), welche die Anforderungen und den Ablauf der Zertifizierungen definiert. ClarCert übernimmt im Auftrag der GTH die Administration der Zertifizierungsverfahren.

 In 2019 wurde die Leitlinie der GTH zur Struktur- und Prozessqualität von Hämophliezentren publiziert (Eichler H, Pedroni MA, Halimeh S, Königs C, Langer F, Miesbach W, Oldenburg J, Scholz U, Streif W, Klamroth R. Leitlinie der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) zur Struktur- und Prozessqualität von Hämophilie-Zentren. Hämostaseologie 2019;39:311-321).

 

Geltungsbereich der Zertifizierung

Patienten mit Hämophilie oder anderen hämophilen Gerinnungsstörungen sollen in hierfür speziell qualifizierten Hämophilie-Zentren versorgt werden. Sie sollen jederzeit Zugang zu einem Behandlungsprogramm der höchsten Versorgungsstufe haben, wie sie in Hämophilie-Zentren der Kategorie Hemophilia-Comprehensive Care Center (HCCC) etabliert sind. Alternativ kann die Behandlung auch in einem Hämophilie-Zentrum der Kategorie „Hämophilie-Behandlungszentrum“ (Hemophilia Treatment Center, HTC) erfolgen, sofern diese Behandlungseinrichtung eine gelebte Kooperation mit einem HCCC etabliert hat. Ein HTC stellt in Kooperation mit einem HCCC die wohnortnahe Behandlung der Patienten sicher. Im HCCC wird die höchste Versorgungsstufe (Maximalversorgung) vorgehalten.

Die für diese Zertifizierung geltende Leitlinie bezieht sich auf die Behandlung von Patienten mit seltenen angeborenen oder erworbenen hämophilen Gerinnungsstörungen. Zur Definition der Schweregrade der angeborenen Erkrankungen wird auf Kapitel 6.3. der Querschnitts-Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten der Bundesärztekammer verwiesen. Die GTH-Leitlinie umfasst Patienten mit folgenden Erkrankungen:

  • Hämophilie A und Hämophilie B, inklusive weibliche Genträger (Konduktorinnen)
  • Angeborene Mangelzustände folgender Gerinnungsfaktoren: Fibrinogen, Faktor II, V, VII, X, XI und XIII
  • Angeborene von Willebrand Erkrankung (vWD) der Typen 1, 2 und 3
  • Erworbene hämophile Gerinnungsstörungen (z. B. Autoantikörper gegen Faktor VIII) oder erworbenes (‚aquired‘) von Willebrand-Syndrom (AVWS)

 Das Hämophiliezentrum ist verantwortlich für den Gesamtprozess, um eine langfristige Patientenversorgung durch ein multidisziplinäres Team fachärztlicher und nichtärztlicher Spezialisten, die in einem Hämophilie-Zentrum aufeinander abgestimmt arbeiten, sicherzustellen.

 

Ziel der Zertifizierung

Seit den 1970er Jahren haben sich für die komplexe und kostenintensive Behandlung von Patienten mit hämophilen Gerinnungsstörungen spezialisierte Hämophilie-Zentren etabliert. Im Mittelpunkt steht dabei eine langfristige Patientenversorgung durch ein multidisziplinäres Team fachärztlicher und nichtärztlicher Spezialisten, die in einem Hämophilie-Zentrum aufeinander abgestimmt arbeiten.

Eine in dieser Weise optimierte Behandlung erhöht nachweislich sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität von Patienten mit hämophilen Gerinnungsstörungen.

 

Entwicklung und Aktualisierung der Anforderungen

In 2019 wurde die erste Version der Leitlinie der GTH zur Struktur- und Prozessqualität von Hämophilie-Zentren publiziert. Auf dieser Basis wurde zwischenzeitlich ein Verfahren zur Zertifizierung von Hämophilie-Zentren unter fachlicher Führung der GTH etabliert. Die GTH-Leitlinie basiert im Wesentlichen auf den 2013 publizierten European Guidelines for the Certification of Haemophilia Centres (Europäische Leitlinie zur Definition von Qualitätsstandards für Hämophilie-Zentren), erstellt durch das European Haemophilia Network (EUHANET). In 2023 erfolgte eine Überarbeitung dieser europäischen Leitlinie durch die EAHAD Accreditation and Audit of Haemophilia Centres Working Group. Vor diesem Hintergrund erfolgte in 2024 eine erste Überarbeitung der GTH-Leitlinie durch die Mitglieder der Zertifizierungskommission der GTH, um relevante Aktualisierungen der europäischen Leitlinie zu berücksichtigen. Die Mitglieder der Zertifizierungskommission sind vom GTH-Vorstand namentlich benannte Fachexpertinnen und Fachexperten aus dem Bereich Hämostaseologie.

 

Ablauf der Zertifizierung

Welche Mindestanforderungen und weiteren Anforderungen im Einzelnen für die Erlangung eines Zertifikats zu erfüllen sind, kann der GTH-Leitlinie entnommen werden. Auf Basis dieser Leitlinie begehen sogenannte Auditoren (Fachexpertinnen und Fachexperten) die Einrichtungen, die sich um ein Zertifikat bewerben. Sie überprüfen vor Ort, ob die Einrichtungen die Anforderungen tatsächlich erfüllen.

Sollten es jedoch bei den weiteren Anforderungen geringfügige, gut begründete Abweichungen geben, können den Einrichtungen Auflagen gemacht werden. Diese Auflagen sind spätestens bis zu einer erneuten Überprüfung nach drei Monaten zu erfüllen. Darüber hinaus geben die Auditoren den Einrichtungen Hinweise, wie diese beispielsweise ihre organisatorischen Abläufe verbessern können. Über die Erteilung eines Zertifikates entscheidet abschließend der unabhängige Ausschuss Zertifikatserteilung, der in der Regel der Empfehlung der Auditoren folgt.

Die Einrichtungen sind vertraglich verpflichtet mitzuteilen, wenn die Erfüllung von Mindestanforderung oder weiteren Anforderungen nicht mehr sichergestellt werden kann. Dies führt zum Entzug oder Aussetzen des Zertifikats. Falls eine Einrichtung die Durchführung des Wiederholaudits nicht rechtzeitig in dem erforderlichen Umfang ermöglicht oder falls festgestellte Abweichungen nicht fristgerecht behoben werden, wird ein Zertifikat ebenfalls ausgesetzt oder entzogen.